Frage: Wurden die Grenzwerte bei allen zu messenden Komponenten und Quellen sicher eingehalten?


Prüfumfang:

Es ist zu prüfen, ob der/die unter Punkt 6.3 („Messunsicherheiten“) angegebene/n maximalen Messwert/e zuzüglich Messunsicherheit korrekt angegeben werden und unterhalb des jeweiligen Grenzwertes liegt/liegen.

Es gelten folgende Regelungen:

MW + MU ≤ GW Emissionsbegrenzung sicher eingehalten
MW - MU > GW Emissionsbegrenzung überschritten
MW - MU ≤ GW bei allen Einzelmessungen und gleichzeitig MW + MU > GW bei min. einer Einzelmessung Überprüfung bzgl. anlagenspezifischer Ursachen, Messverfahren, Messplan, Messplätze

wobei MW = maximaler Messwert, MU = Messunsicherheit, GW = Grenzwert

Beispiele für die einzelnen Konstellationen finden sich unter Hintergrund.

Der Beurteilungswert (MW ± MU) ist in der letzten Dezimalstelle „kaufmännisch“ zu runden und in der gleichen Einheit und mit der gleichen Stellenzahl wie der Grenzwert anzugeben.

Bei Geruchsmessungen ist die Messunsicherheit nach den Vorgaben der DIN EN 13725 zu bestimmen. Abweichend von den obigen aus der TA Luft stammenden Regelungen wird im Falle von Geruchsmessungen eine andere Beurteilung durch die VDI 3884 empfohlen. Die Anwendung des dort beschriebenen Vorgehens ist kritisch zu prüfen, da es nicht in Übereinstimmung mit der TA Luft steht.

Weiterhin ist bezüglich der Messunsicherheit selbst zu prüfen, ob unter Punkt 6.3 („Messunsicherheiten“) sowie im Deckblatt des Messberichts zu jeder Messkomponente folgende Daten angegeben wurden:
•Einheit
•Maximaler Messwert ymax
•Erweiterte Messunsicherheit (Up)
•ymax – Up
•ymax + Up
•Bestimmungsmethode

Als Angabe für die Bestimmungsmethode kommen „direkter Ansatz mit Doppelbestimmung“ und „indirekter Ansatz“ in Frage.
Die Bestimmung der Messunsicherheit soll für diskontinuierliche Messverfahren nach der Richtlinie VDI 4219 und für kontinuierliche Messverfahren auf Grundlage der Vorgaben der zugrundeliegenden Norm bzw. Richtlinie erfolgen.
Zusätzlich sollte geprüft werden, ob im Fall sauerstoffnormierter Grenzwerte für die die zu messenden Stoffe mit Abgasreinigungseinrichtung eine korrekte Sauerstoffbezugsrechnung durchgeführt wurde (vgl. unten).


Handlungsempfehlung:

Sollte zu einer Messkomponente keine Messunsicherheit angegeben sein, so ist diese nachzureichen. Bei unplausbilen Messunsicherheiten sollte vom Messinstitut eine nachvollziehbare Berechnung der Messunsicherheit eingeholt werden.
Bei einer sehr hohen Messunsicherheit (s. u.), die dazu führt, dass der Grenzwert erst nach deren Abzug vom maximalen Messwert eingehalten wird, sollte eine Wiederholung der Messung angeordnet werden, um zu überprüfen, ob die Überschreitung des Grenzwertes nur durch eine fehlende Genauigkeit des Messverfahrens zustande kommt.

Als sehr hoch gelten in Bezug auf den Halbstundenmittelwert folgende Messunsicherheiten:
•Staub: > 20%
•Staubinhaltsstoffe: > 30%
•Gase: > 15%
•Geruch: > 100%
•Dioxine/Furane: > 50%

Eine Betrachtung der Messunsicherheit zugunsten des Betreibers ist für den Fall vorgesehen, dass keine anlagenspezifischen Ursachen vorliegen, das angewandte Messverfahren nach Überprüfung als einwandfrei angesehen wird, die Ermittlungen entsprechend Messplan gemäß DIN EN 15259 durchgeführt wurden und DIN EN 15259 entsprechende Messplätze eingerichtet sind.

Wurde der Beurteilungswert nicht in der gleichen Einheit und/oder mit der gleichen Stellenzahl wie der Grenzwert angegeben bzw. wurde falsch gerundet, ist ggf. anhand der Anlagen des Berichts eine Auswirkung auf das Prüfergebnis zu kontrollieren und/oder eine Überarbeitung des Messberichts zu fordern.

Sollte zu einer Messkomponente keine Messunsicherheit angegeben sein, so ist diese nachzureichen. Bei unplausiblen Messunsicherheiten sollte vom Messinstitut eine nachvollziehbare Berechnung der Messunsicherheit eingeholt werden. Hierzu kann die Fachbehörde hinzugezogen werden.

Plausibel wären in Bezug auf den Halbstundenmittelwert folgende Messunsicherheiten:
•Staub: 5 – 20%
•Staubinhaltsstoffe: 10 – 30%
•Gase: 5 – 15%
•Geruch: 25 – 100%
•Dioxine/Furane: 10 – 50%

Sollte die Sauerstoffbezugsrechnung fehlerhaft sein, so ist eine regelungskonforme Neuberechnung zu fordern.


Hintergrund:

Die TA Luft macht unter 5.3.2.4 zur Auswertung und Beurteilung der Messergebnisse folgende Angaben:
Die im Genehmigungsbescheid festgelegte Anforderung ist bei einer Messung immer dann überschritten, wenn das Ergebnis einer Einzelmessung abzüglich der Messunsicherheit die festgelegte Emissionsbegrenzung überschreitet.
Die im Genehmigungsbescheid festgelegte Anforderung bei einer Messung ist sicher eingehalten, wenn das Ergebnis jeder Einzelmessung zuzüglich der Messunsicherheit die festgelegte Emissionsbegrenzung nicht überschreitet.
Eine Überprüfung, ob das Messverfahren, besonders im Hinblick auf seine Messunsicherheit, dem Stand der Messtechnik entspricht, ist insbesondere für den Fall notwendig, wenn bei allen Einzelmessungen das Messergebnis abzüglich der Messunsicherheit die im Genehmigungsbescheid festgelegte Emissionsbegrenzung einhält, aber gleichzeitig mindestens bei einer Einzelmessung das Messergebnis zuzüglich der Messunsicherheit die im Genehmigungsbescheid festgelegte Emissionsbegrenzung überschreitet und hierfür keine anlagenspezifischen Ursachen erkennbar sind.
In Bezug auf eine Sauerstoffbezugsrechnung gilt nach Nr. 5.1.2 TA Luft: „Werden zur Emissionsminderung nachgeschaltete Abgasreinigungseinrichtungen eingesetzt, so ist für die Stoffe, für die die Abgasreinigungseinrichtung betrieben wird, die Umrechnung nur für die Zeiten vorzunehmen, in denen der gemessene Sauerstoffgehalt über dem Bezugssauerstoffgehalt liegt.“ Im Zweifelsfall kann die jeweilige Fachbehörde zur Klärung des Sachverhaltes einbezogen werden.


Im Folgenden sind Beispiele für die einzelnen möglichen Konstellationen bezüglich Messunsicherheitsbetrachtungen gegeben. Generell wird ein Grenzwert von GW=100 mg/m³ angenommen.

Fall 1: MW=90 mg/m³; MU=5 mg/m³
Da gilt MW+MU ≤ GW ist der Grenzwert sicher eingehalten.

Fall 2: MW=110 mg/m³; MU=20 mg/m³ bei allen Einzelmessungen
Da gilt MW+MU > GW, aber MW-MU ≤ GW ist zunächst zu prüfen, ob anlagenspezifische Ursachen vorliegen und diese mit dem Ziel einer sicheren Einhaltung der Grenzwerte beseitigt werden können. Liegen solche Ursachen nicht vor, ist das Messverfahren zu überprüfen. Es ist insbesondere zu versuchen, die Messunsicherheit zu reduzieren und somit eine belastbare Aussage zu treffen. Darüber hinaus gilt es zu überprüfen, ob die Ermittlungen gemäß Messplan (nach DIN EN 15259) durchgeführt wurden und ob DIN EN 15259 entsprechende Messplätze eingerichtet sind. Sind alle Anforderungen eingehalten, so ist die Messunsicherheit zugunsten des Betreibers zu berücksichtigen. Anderenfalls sind weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die sichere Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen.

Fall 3: MW=90 mg/m³; MU=20 mg/m³ bei allen Einzelmessungen
Siehe Fall 2

Fall 4: MW=110 mg/m³; MU=5 mg/m³
Da MW-MU > GW gilt, ist der Grenzwert nicht eingehalten. Es sind umgehend Maßnahmen erforderlich, um die Einhaltung des Grenzwertes sicherzustellen.

Gemäß 3 TA Luft Nr. 2.9 sind Mess- und Rechengrößen mit einer Dezimalstelle mehr als der Zahlenwert der Emissionsbegrenzung zu ermitteln, weitere Dezimalstellen sind zu vernachlässigen (nicht zu runden). Das Endergebnis ist in der letzten Dezimalstelle nach Nummer 4.5.1 der DIN 1333 (Ausgabe Februar 1992) zu runden sowie in der gleichen Einheit und mit der gleichen Stellenzahl wie der Zahlenwert anzugeben.

Zweifelsfragen:

Nr. 2.7 der TA Luft stellt einen scheinbaren Widerspruch zur Nr. 5.3.2.4 dar. Hierin heißt es, dass die Emissionsbegrenzungen eingehalten sind, wenn sämtliche Tagesmittelwerte die festgelegte Konzentration und sämtliche Halbstundenmittelwerte das 2fache der festgelegten Konzentration nicht überschreiten. Dazu wurde auf der 128. Sitzung des LAI-Ausschusses Anlagenbezogener Immissionsschutz / Störfallvorsorge (AISV) vom 29.-31.012013 in Ludwigslust folgendes festgelegt:

Nr. 2.7 der TA-Luft bezieht sich nur auf kontinuierliche Messungen. Für die Beurteilung der Messergebnisse aus Einzelmessungen ist wegen der geringen Messhäufigkeit allein der strengere Maßstab der Nr.5.3.2.4 TA Luft anzulegen, nach dem jeder Einzelwert die festgelegte Emissionsbegrenzung unter Berücksichtigung der Messunsicherheit einzuhalten hat.

Bezüglich der Bearbeitung des Punktes 6.3 „Messunsicherheiten“ macht der LAI-Mustermessbericht bzw. die VDI 4220-2, 4.2.7, folgende Angaben:

Die Messunsicherheit ist für das Gesamt-verfahren gemäß VDI 4219 für diskontinuierliche Messverfahren oder auf Grundlage der Vorgaben der jeweiligen Norm für kontinuierliche Messverfahren anzugeben. Bei olfaktometrischen Messungen ist die Berechnung der Messunsicherheit nach VDI 3884 Blatt 1 durchzuführen.
Für alle Messwerte ist anzugeben, nach welchem Verfahren und für welche Verfahrensschritte die Messunsicherheiten ermittelt wurden. Dabei sind die Messunsicherheiten als erweiterte Messunsicherheit für eine statistische Sicherheit von 95 % anzugeben. Falls aufgrund nicht normkonformer Messbedingungen eine vollständige Angabe der Messunsicherheit nicht möglich ist, ist dies im Messbericht anzugeben.
Für die Beurteilung der Messergebnisse ist eine Tabelle zu erstellen. Maximaler Messwert ymax und erweiterte Messunsicherheit Up sind mit einer Dezimalstelle mehr als der Zahlenwert zur Beurteilung zu ermitteln und anzugeben (analog Nr. 6.2). Die weiteren Dezimalstellen werden vernachlässigt und nicht gerundet. Die Ergebnisse für (ymax – Up) und (ymax + Up) sind in der letzten Dezimalstelle nach Nr. 4.5.1 der DIN 1333:1992-02 zu runden, sodass ihre Angabe mit gleicher Einheit und gleicher Stellenzahl wie die Emissionsbegrenzung erfolgt.